Tödliches Gestein – Wie Uran die Menschen krank macht

Zeitschrift der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs / Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW)

Uran macht die Menschen krank: Lungenkrebs, Leukämie, Krebserkrankung des Knochenmarks, Magen- und Leberkrebs, Darmkrebs, Krebs der Gallenblase, Nieren- und Hautkrebs, Geburtsfehler, Totgeburten, Erkrankungen des Immunsystems, psychische Störungen und die Veränderungen der DNA sind die durch Studien verbrieften Folgen des Uranhungers für Atomwaffen und Atomkraftwerke. Auch kulturell und spirituell mache der Uranabbau die Aborigines krank, betont Rebecca Bear Wingfield, heilige Orte würden durch die Tagebaue entwürdigt und zerstört.

Uran – die einen wie die deutsche Bundesregierung erküren es zum sauberen Brennstoff, zur Klimarettung unabdingbar. Die anderen wie die Dene in Kanada, die Navaho und die Sioux in den USA, die Adivasi in Indien, die Mirarr in Australien und die Tuareg im Niger sterben daran. 
Michael Beleites, Mitbegründer der DDR-Umweltbewegung und heute Landesbeauftragter für die Unterlagen der DDR-Staatssicherheit in Sachsen, sagt: „1990 wurde der Uranbergbau in Deutschland eingestellt – aber nicht etwa deswegen, weil das Uran zu Ende ging, sondern weil die Urangewinnung in diesem Umfang unter demokratisch-rechtsstaatlichen Verhältnissen in einer so dicht besiedelten Gegend Mitteleuropas nicht mehr durchsetzbar war.“ In der Folge wird das Uran für die deutschen Kernkraftwerke dort abgebaut, wo nur wenige Menschen wohnen. Wo keine Öffentlichkeit die Folgen des Abbaus kritisiert. Schätzungen gehen davon aus, dass Uranabbau zu siebzig Prozent auf dem Land indigener Völker stattfindet.

Wenn man es im Boden lässt, ist Uran ungefährlich. Fördert man es jedoch ans Tageslicht und trennt man es von dem umgebenden Gestein, spielt man mit dem Feuer. Schon bei der Förderung des Natururans  werden toxische Substanzen freigesetzt. Die gefährlichste ist neben den Uranstäuben das Zerfallsprodukt Radon, ein radioaktives Edelgas. Inhaliert oder mit der Nahrung aufgenommen können Uran und Radon diverse Krebserkrankungen hervorrufen. Bereits in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde in Deutschland belegt, dass Bronchial- und Lungenkrebs bei Grubenarbeitern auf die Kontamination mit Radon zurückgeht. Aufgrund der Häufigkeit der Erkrankungen im Erzgebirge wurde dem Leiden der Bergarbeiter der Name „Schneeberger Krankheit“ gegeben. Doch ist Radon nicht das einzige Zerfallsprodukt von Uran: Auch giftige Stoffe wie Thorium, Proactinium, Radium, Radon, Polonium, Bismut entstehen – und werden bei Förderung,  Verarbeitung und Lagerung der „Abfälle“ freigesetzt.

Wesentliche Gesundheitsgefahren gehen  auch von den Abraumhalden, Tailings und Verdunstungsbecken aus. Das Abfallgestein selbst ist radioaktiv, die Spülschlämme und Chemikalien aus der Herstellung des „Yellow Cake“ sind hochgiftig. Eine Gefahr, die aus den Tailings resultiert, ist die Verseuchung des Grundwassers durch eine undichte Trennschicht, Erosion und versickerndes Regenwasser. Eine weitere Gefahr stellt die mangelnde Abdeckung der Tailings dar – Winderosion trägt radioaktive Feinstäube und Radon kilometerweit von den Halden weg. Neben den direkten gesundheitlichen Folgen aus der Verseuchung des Wassers, schädigt der große Wasserverbrauch die Abbauregionen auch ökologisch und wirtschaftlich – und damit die Menschen gesundheitlich. Denn die Entnahme des Wassers führt zur Absenkung des Grundwasserspiegels, zur Verwüstung, und zum Sterben von Pflanzen und Tieren.

Uran ist ein tückisches Material, dessen gesundheitsgefährdende Kraft von der Uranindustrie trotz aller Beteuerungen bei weitem nicht kontrolliert werden kann. Schlimmer noch: Viele Beispiele belegen, dass die Atomwirtschaft auch wenig Interesse daran hat, alles zu tun, um die Bevölkerung vor der Kontaminierung zu schützen.

Boris Buchholz ist freier Journalist.

  • veröffentlicht in: IPPNW-Forum 123/10, 2010